Von Begegnungen der besonderen Art

Ich glaube, dass jeder diese Erfahrung ein- oder vielleicht sogar mehrmals gemacht hat. Man hört ein Stück zum ersten Mal, und es lässt einen nicht wieder los, es wird einen das ganze Leben begleiten.
Bei mir ist es z.B. das Streichquartett Nr. 8 von Dmitrij Schostakowitsch. Ich hörte es das erste Mal in der Londoner Barbican Hall in der Bearbeitung für Kammerorchester und war im wahrsten Sinne des Wortes sprachlos. Am nächsten Tag kaufte ich mir von dem Geld, das eigentlich für schicke Klamotten von der Carnaby Street vorgesehen war, sowohl die Aufnahme der Streichquartette wie auch der Bearbeitung für Kammerorchester. Bis heute werde ich besonders diesem der 15 Streichquartette, die Schostakowitsch uns geschenkt hat, nicht überdrüssig. Ich nenne heute mehrere Aufnahmen auf Vinyl und CD mein Eigen, und mein derzeitiger Favorit, die erste Aufnahme des Borodin-Quartetts aus dem Jahre 1962 findet in schöner Regelmäßigkeit ihren Weg auf den Plattenteller.
Gewidmet ist dieses Stück „dem Gedenken an die Opfer des Faschismus und des Krieges“, eine Widmung, die wohl nicht von Schostakowitsch selbst stammt und die er insgeheim auch nicht mittrug.
Dennoch ist dies ein erschütterndes Werk, der durch die Widmung vermittelte programmatische Unterbau ist in jedem Takt spürbar, und selbst der keineswegs befreiende oder gar friedliche Schluss vermittelt zumindest ein leises Gefühl aufkeimender Hoffnung, dass es trotz des vielfachen Leids vielleicht bald wieder einen Sonnenstrahl geben könnte, der das Dunkel zu erhellen vermag.
Das Stück selber lässt soviel interpretatorischen Spielraum zu, angefangen von der zum Eingang verwendeten Tonfolge D-Es-C-H, den Initialen des Komponisten, bis hin zu den Umständen, wann und wie es komponiert wurde; und es wurde schon viel darüber geschrieben.

Gustav Mahler sagte einmal: „Das Wichtigste in der Musik steht nicht in den Noten“. Das wirklich Spannende finde ich die Auseinandersetzung mit der Wirkung des Werkes an sich; warum konnte dieses Stück einen 17-jährigen so fesseln? Bis heute  kenne ich die alles erklärende Antwort darauf nicht. Vielleicht ist das auch gut so.
Haben Sie ähnliche Erlebnisse gehabt, vielleicht sogar mit diesem Werk? Oder gibt es eine andere Komposition, mit der Sie sich auf ganz besondere Weise verbunden fühlen? Schreiben Sie mir darüber.